Auf der Suche nach Bildbänden mit Fine Art Fotografien fiel mir unter anderem A Visual Journey von Michael A. Smith ins Auge.
Die handwerkliche Qualität des Buches, der Bilder und der Texte ist nahezu perfekt. Dazu sind schön viele Fotografien enthalten, insgesamt sind es 176, davon 48 auf ganzen oder ausklappbaren Seiten.
Die Bilder sind überwiegend Landschaftsbilder ohne große Dramatik. Was sie davor bewahrt langweilig zu wirken, sind je nach Bild, eine Menge von Details - oft sind es die dunkleren Bildteile - die in einem Rhythmus zusammenhängen. Der Rhythmus selbst ist dabei nicht offensichtlich mathematisch, sondern eher wie in der Natur, chaotisch vielschichtig und trotzdem harmonisch.
Zusätzlich ist ein nicht weniger interessantes Essay zu Michael A. Smith enthalten.
Ich würde diesen Bildband wieder kaufen, denn er hat meinen Blickwinkel darauf erweitert, was Fotografie sein kann.
Bildbände sollen natürlich vor allem eines bieten, viele Bilder. Hier erfüllt dieses Buch alle meine Herzenswünsche.
Von den insgesamt 176 Fotografien sind:
Als Text gibt es neben diversen Vorwörtern ein Essay zum fotografischen Werdegang des Fotografen.
Abgerundet wird der Eindruck von der ausgesprochen guten Papierqualität und einem für mich passenden Schriftsatz.
Die Einzel- und Großformatfotos sind mit wenigen Ausnahmen Reproduktionen von Kontaktabzügen. Das sieht man dann auch, z.B. bei Bild Nummer 16 Ottsville, Pennsylvania, 1981:
Dieses Foto der Buchseite kann den wirklichen Eindruck nur ansatzweise wiedergeben. Um die Relation klar zu machen, das ist ein 8x20 Zoll Kontaktabzug (bzw. Reproduktion davon) und entspricht damit ca. 20cm x 51cm.
Da lohnt sich schon mal ein Blick mit der Lupe.
Da kauft man sich zum ersten Mal bewusst einen fotografischen Bildband, die Vorfreude ist groß und dann macht sich Ernüchterung breit. Die Bilder waren teilweise schön, einige - insbesondere die wenigen Portraits - interessant, insgesamt war ich wenig beeindruckt.
Mit diesem Eindruck gab ich mich nicht zufrieden, ich betrachtete die Bilder so oft und intensiv dass ich die Reihenfolge auswendig kannkannte.
Im Laufe der Zeit hatte ich dann bei Atchafalaya Basin, Louisiana (Nr.20 im Buch) das Gefühl, da ist etwas Besonderes, richtig (be-)greifen konnte ich es nicht.
Wie beschreibt man ein Bild, dass so wirkt wie ein Baum im Wald, als müsste es genau so sein, als passe es genau an diese Stelle. Es lädt zum Verweilen ein, drängt sich aber nicht auf. Auch die Elemente im Bild kämpfen nicht gegeneinander, bei einem Menschen würde man wohl sagen, es ist in sich ruhend.
Der für mich entscheidene Funke zum Verständnis traf ich beim Lesen des Essays:
Instead of making photographs that emphasize the long horizontal line of the 8x20 format, Smith breaks the horizontal space with sonogram-like markings that force the viewer to scan the space in discrete intervals.
Quelle: A Visual Journey von Michael A. Smith ISBN: 0-9605646-4-0, Seite 124, rechter Spalte, zweiter Absatz
Sonogram meint hier Sonagramme (Klangspektrogramme) der Vögelgesänge, z.B. für den Fitislaubsänger:
Hier machte es dann Klick, wobei man die Bilder schon recht lang betrachten muss, um sich des Effektes bewusst zu werden.
Im Gegensatz zur Beschreibung im Essay empfinde ich nicht den beschriebenen Zwang, dass die Augen im Bild hin und her wandern liegt für mich am Format und der auch im Bildband schon erstaunlichen Größe.
Wenn Michael mit Mitte Zwanzig sich voll der Fotografie verschreibt, recht schnell Kontaktabzüge verkauft und etwas später eine Druckerei (Lodima) mit aufbaut, hat das etwas vom American Dream.
Insgesamt vermittelt der fotografische Werdegang von Michael A. Smith den Eindruck einer sehr zielgerichteten Entwicklung.
Für mich war die Lektüre recht inspirierend.
Nach dem Buch hat für mich der feine Grat zwischen schön, angenehm und langweilig deutlich mehr Nuancen. Aber viel wichtiger ist die Erkenntnis: Bilder brauchen Zeit um richtig zu wirken.